Wann spricht man von einer "Vertretungsmöglichkeit"?

Der VwGH hat in der Entscheidung vom 2010/08/0256 vom 17.10.2012 betreffend eines Hausbetreuuers wieder einmal die wesentlichen Punkte bezüglich einer Vertretungsmöglichkeit zusammengefasst:

Von einer generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Beschäftigte berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs, oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen.

Hingegen ist es für die Annahme einer generellen Vertretungsbefugnis unmaßgeblich, dass der Beschäftigte nur geeignete Dritte als Vertreter stellig machen darf, weil es bei der Vertretungsberechtigung immer um eine solche in Bezug auf eine übernommene Arbeitspflicht und daher durch eine Person geht, die in der Lage ist, diese Arbeitspflicht gegenüber dem Empfänger der Arbeitsleistung zu erfüllen.

Demgemäß muss selbst die (über eine bloße Rücksprache hinausgehende) Zustimmungsbedürftigkeit der jeweiligen Entsendung eines Vertreters seitens des Empfängers der Arbeitsleistung nicht in jedem Fall ein zwingendes Indiz für die persönliche Arbeitspflicht des Beschäftigten sein. Umso weniger schadet es, wenn der Beschäftigte verpflichtet ist, den Vertreter rechtzeitig bekanntzugeben. Ohne Bedeutung ist ferner, ob der Vertreter durch den Beschäftigten selbst oder den Empfänger der Arbeitsleistungen entlohnt wird, weil dies nichts an der Vertretungsbefugnis selbst ändert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2011, Zl. 2010/08/0025).

Ein (ausdrücklich) vereinbartes (generelles) Vertretungsrecht schließt die persönliche Abhängigkeit aber nur dann aus, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls zumindest ernsthaft damit rechnen konnten, dass von dieser Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden wird und die Einräumung dieser Vertretungsbefugnis nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen in Widerspruch steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2010, Zl. 2007/08/0145, mwN). Ein ausdrücklich vereinbartes generelles Vertretungsrecht steht nämlich im Verdacht, ein "Scheingeschäft" zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (§§ 539 und 539a ASVG; vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2000/08/0113).

 

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