Beschäftigung von Dienstnehmern im Inland mit Dienstgeber im Ausland (LKW-Fahrer)

Bei einem österreichischen Transportunternehmen wurde im Rahmen einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) festgestellt, dass sich im Laufe der Jahre die Anzahl der im Inland zur Sozialversicherung gemeldeten LKW-Lenker sukzessive verringerte. Der Fuhrpark blieb jedoch stabil. Darauf angesprochen, führte das Transportunternehmen aus, dass die zur Durchführung der Transporte benötigten LKW-Lenker einem Unternehmen mit Sitz in England zuzuordnen wären und Abgaben zur Sozialversicherung in England geleistet würden.

Die seitens der GKK daraufhin eingeleiteten Erhebungen ergaben folgenden Sachverhalt:

  • Zwischen den handelnden Personen des englischen und des österreichischen Unternehmens bestand ein Naheverhältnis.
  • Sämtliche LKW-Lenker wurden vom österreichischen Unternehmen angeworben und letztendlich eingestellt.
  • Die Verträge sind den LKW-Lenkern von Mitarbeitern des österreichischen Unternehmens übergeben worden.
  • Die Disposition der Fahrer erfolgte fast ausschließlich durch Mitarbeiter des österreichischen Unternehmens.
  • Der Fuhrparkleiter war Arbeitnehmer des österreichischen Betriebes.
  • Das österreichische Transportunternehmen verfügte über die für die Durchführung der Transporte erforderlichen LKW.
  • Die Verträge mit den Kunden sowie Vertragspartnern (Werkstätten, Tankstellen, LKW-Händler etc.) wurden mit dem österreichischen Unternehmen geschlossen.
  • Sämtliche wirtschaftliche Entscheidungen sind vom in Österreich gelegenen Transportunternehmen getroffen worden.
  • Das österreichische Transportunternehmen verfügte über die für dessen Betrieb erforderliche Infrastruktur sowie das diesbezügliche Büropersonal (Fuhrparkleiter, Buchhaltungs- und Lohnverrechnungskräfte, Personal für die Disposition der Fahrer sowie Akquirierung von Kunden etc.).
  • Im Gegensatz dazu bestand die englische LTD nur aus einem kleinen Büro mit einem einzigen Angestellten, der lediglich administrative Tätigkeiten (Anmeldung der LKW-Fahrer zur englischen Sozialversicherung etc.) erledigte.

Die GKK stellte angesichts des vorliegenden Sachverhaltes mit Bescheiden fest, dass die LKW-Lenker als Dienstnehmer des österreichischen Unternehmens zu erachten waren und somit dem österreichischen Unternehmen die Dienstgebereigenschaft zugekommen ist.

Diese Rechtsansicht wurde letztendlich vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bestätigt.
Folgende Entscheidungsgründe führte der VwGH in seinem Erkenntnis vom 15.7.2013, 2011/08/0151 aus:

Das österreichische Unternehmen verfügte über die für den Betrieb des Transportunternehmens erforderliche Infrastruktur sowie über das erforderliche Personal (Bürokräfte, Disponenten etc.).

Der Betrieb wurde auf Rechnung und Gefahr des österreichischen Unternehmens betrieben und war dieses aus den getätigten Umsatzgeschäften berechtigt und verpflichtet.

Die vertraglichen Konstrukte, die eine Verlagerung dieser Betriebskapazitäten weg vom österreichischen Unternehmen zum englischen Unternehmen untermauern sollten, hat die belangte Behörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu Recht als nicht maßgeblich angesehen.

Umstände, die gegen das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes sprechen, wurden in der Beschwerde nicht dargetan. Dieser einheitliche Betrieb ist jedenfalls auf Rechnung des österreichischen Unternehmens geführt worden. Auch dies untermauert die Dienstgebereigenschaft des österreichischen Unternehmens im Sinne des § 35 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG).

Ob die LKW-Lenker direkt vom österreichischen Unternehmen oder vom englischen Unternehmen Entgelt erhielten, ist für die Beurteilung der Dienstgebereigenschaft nicht von Relevanz.

Die Anwendung österreichischen Sozialversicherungsrechtes und die Zuständigkeit der österreichischen Sozialversicherungsträger wurden zutreffend bejaht.

Dass auch in England eine sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeit und das Vorliegen versicherungsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse angenommen wurden, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und kann keine Verletzung des Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bewirken.

(Quelle: NÖDIS, November 2013)

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