Zustellfahrer als sv-liche Dienstnehmer (BVwG L504 2005638-1, 14.07.2015)

Sachverhalt:
Ein Paketzusteller war für den BF im Jahre 2012 tätig. Die OÖGKK ist der Ansicht, dass es sich bei der Zustelltätigkeit um ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG handle.
Ein Zustellfahrer war für den BF tätig und stellte nach vorgegebenen Touren Koffer an verschiedene Banken zu. Er lud diese an fünf Tagen die Woche um ca. 0.30 Uhr die Koffer in sein Fahrzeug und lieferte diese bis ca. 7.00 Uhr oder 8.00 Uhr bei den Banken in einer Box im Außenbereich ab. Der Zustellfahrer hatte die Koffer zu entnehmen und den mitgebrachten Koffer stattdessen hinzustellen. Er hatte dabei ca. 48 Zustellorte anzufahren. Vom Transportunternehmen erhielt er Schlüssel für die Boxen, eine Tankkarte, einen Dienstausweis, eine Zustellliste und eine dreitätige Einschulung. Während der Einschulung bekam er kein Entgelt! Der Zustellfahrer war nur für den Beschwerdeführer tätig. Als Entgelt für die Tätigkeit bekam er € 75,-- pro Zustelltag und für die Tour € 40,--. Eine Abrechnung der Tankkarte durch den BF an den Zustellfahrer erfolgt nicht! Der Zustellfahrer war mit seinem eigenen Fahrzeug unterwegs (ca. 300 KM pro Tag). Lt. Ansicht des Zustellfahrers war keine Vertretung möglich.
Lt. Ansicht der OÖGKK liegt ein echtes Dienstverhältnis vor (siehe oben)!

Ansicht des BVwG:
Das BVwG ist der Ansicht, dass es sich nicht um einen Werkvertrag sondern um ein Dauerschuldverhältnis handle, da der Vertrag nicht wie bei einem Werkvertrag als Zielschuldverhältnis typisch nach Erbringung der Leistung bzw. Lieferung endet, sondern wurde die wiederholte Erbringung dieser Leistung auf unbestimmte Zeit mit einer einmonatigen Kündigungsfrist vereinbart war. Daraus wird ersichtlich, dass Zustellfahrer hier laufend zu erbringende, niedrig qualifizierte (Dienst)Leistungen eines Erwerbstätigen, der - mag er sich für seine Arbeit auch eines eigenen Betriebsmittels (Kfz.) bedienen - über keine unternehmerische Organisation verfügt und auch im Wesentlichen nicht als selbständig am Markt auftretender Unternehmer in Erscheinung tritt, letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert. Aus einem solchen Erwerbstätigen wird im konkreten Fall auch dann kein selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn man die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bestimmte Abschnitte zerlegen und diese Abschnitte sodann zu "Werken" erklären würde.
Ob ein echtes Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG vorliegt, ist aufgrund des Vorliegens der persönlichen Abhängigkeit zu klären. Wie bereits in der oben angeführten VwGH-Entscheidung dargestellt, für auch das BVwG die „generelle Vertretungsregelung“ (siehe dazu obigen Ausführungen) an. Lt. Frachtvertrag wurde zwar mit dem Zustellfahrer ein Vertretungsrecht vereinbart, allerdings wurde dieses lt. Aussage des Zustellfahrers nicht tatsächlich gelebt und es war auch nicht davon auszugehen, dass die Vertragspartner bei Vertragsabschluss ernsthaft mit einem jederzeitigen und nach Gutdünken des Zustellfahrers tatsächlichen gelebten Vertretungsrechts rechneten.

Lt. BVwG waren die Zeiten und Zeiträume in eine Liste eingetragen und dadurch die Gestaltungsfreiheit des Zustellfahrers stark eingeschränkt. Weiters hatte er die Geheimhaltungsverpflichtung zu beachten!

Das Vorliegen eines Gewerbescheines bewirkt nicht zwangsläufig das Nichtvorliegen eines echten Dienstverhältnisses!

Für das BVwG liegt trotz Vorliegen der von eigenen Betriebsmitteln (PKW) kein Überwiegen der persönlichen Unabhängigkeit vor.
Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde die Unzulässigkeit der Revision ausgesprochen (BVwG L504 2005638-1, 14.07.2015).

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