Gerichtlicher Vergleich über Abgangsentschädigung nach fristloser Entlassung (BVwG L 503 2126376-1, 7.6.2016)

Sachverhalt:

Der Dienstnehmer hat eine Kündigungsentschädigung in der Höhe von € 3.165,36 für den Zeitraum 24.1.2014 bis zum 6.4.2014 aufgrund einer nach seiner Ansicht unzulässigen vorzeitigen Auflösung des befristeten Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber begehrt. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches wurde vereinbart, dass der Dienstgeber dem ehemaligen Dienstnehmer € 2.000,00 als einmalige Vergleichszahlung, darin enthalten € 60,00 an Zinspauschale und der Rest als freiwillige Abgangsentschädigung zuzüglich anteiliger Kosten in der Höhe von € 330,00 zu zahlen hatte. Der Vergleich wurde am 16.7.2014 rechtskräftig und vollstreckbar.

Die SGKK verlängerte die Pflichtversicherung für den Zeitraum des Bezuges der Kündigungsentschädigung von 24.1.2014 bis 24.3.2014 sowie für den unstrittigen Zeitraum des Bezuges einer Urlaubsentschädigung für drei Tage. Die Verlängerung der Pflichtversicherung errechnete sich wie folgt:

Kündigungsentschädigungsbegehren

€ 3.165,36

Gerichtlicher Vergleich

€ 1.940,00

Quote der Klagsforderung

61,3%

Tage begehrte Kündigungsentschädigung

73

Tage der tatsächlichen Kündigungsentschädigung

44

Strittig war, ob der zwischen dem Dienstgeber und dem ehemaligen Dienstnehmer abgeschlossene gerichtliche Vergleich zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung im Sinne des § 11 Abs 2 ASVG führe ODER ob es sich bei der im Vergleichsweg vereinbarten Zahlung um eine beitragsfreie Vergütung im Sinne des § 49 Abs 3 Z 7 ASVG handelt.

Aussagen des BVwG:
§ 49 Abs 3 ASVG lautet auszugsweise:

(3) Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten nicht: [....]

7. Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des Dienst(Lehr)verhältnisses gewährt werden, wie zum Beispiel Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder; [....]

Zusammengefasst klagte der ehemalige Dienstnehmer den Dienstgeber auf "Kündigungsentschädigung" im näher bezeichneten Ausmaß, da seiner Ansicht nach das Dienstverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt hätte beendet werden können. Im Vergleichsweg wurde sodann eine "freiwillige Abgangsentschädigung" vereinbart[1].

Lt. VwGH ist für eine beitragsfreie Abgangsentschädigung im Sinne von § 49 Abs 3 Z 7 ASVG charakteristisch, dass sie dafür gewährt wird, dass ein Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis scheidet oder von einer weiteren Prozessführung betreffend Fortbestehen des Dienstverhältnisses absieht. Genau derartiges trifft aber im gegenständlichen Fall nicht zu, wurde die "Abgangsentschädigung" für den ehemaligen Dienstnehmer doch nicht dafür geleistet, dass er aus dem Dienstverhältnis ausscheidet (er war in unbestrittener Weise längst ausgeschieden) oder dass er von einer weiteren Prozessführung betreffend das Fortbestehen des Dienstverhältnisses Abstand nimmt (Der ehemalige Dienstnehmer hatte niemals versucht, ein allfälliges Fortbestehen des Dienstverhältnisses gerichtlich zu erwirken, sondern begehrte nur materiellen Ersatz für die seiner Ansicht nach fristwidrige Kündigung). Im Übrigen hat der VwGH auch klargestellt, dass allein die Bezeichnung etwa als "Abgangsentschädigung" im Vergleich nicht relevant ist.

Vor diesem Hintergrund hat die SGKK zur Recht unter Anwendung von § 11 Abs 2 ASVG den Vergleichsbetrag in Höhe von EUR 1.940 (EUR 2.000 abzüglich EUR 60 an Zinspauschale) herangezogen und gelangte zum Ergebnis, dass ausgehend von der im Klagsweg begehrten Kündigungsentschädigung für 73 Tage den ehemaligen Dienstnehmer sodann eine Kündigungsentschädigung für 44 Tage tatsächlich erhalten hat, wodurch sich die Versicherungspflicht gem. § 11 Abs 2 ASVG um diese 44 Tage verlängert.

Praxistipp:

Klagt ein Dienstnehmer eine Kündigungsentschädigung ein und kommt es zu einem gerichtlichen Vergleich, im Zuge dessen einen deutlich niedrigeren Betrag erhält als er gefordert hat, so liegt eine Verlängerung der Pflichtversicherung vor.

Im Bereich der Lohnsteuer würde in so einem Fall die „Vergleichsbesteuerung“ gemäß § 67 Abs 8 lit a EStG zur Anwendung kommen.

(BVwG L 503 2126376-1, 7.6.2016)


[1] Der Auffassung der beschwerdeführenden Gesellschaft kann nicht gefolgt werden. Nach § 49 Abs. 3 Z. 7 ASVG gelten Vergütungen, die aus Anlass der Beendigung des Dienst(Lehr)verhältnisses gewährt werden, wie z.B. Abfertigungen, Abgangsentschädigungen und Übergangsgelder, nicht als Entgelt im Sinne der Abs. 1 und 2 des § 49 leg. cit. Es handelt sich hiebei um eine Ausnahmebestimmung, die nicht extensiv auszulegen ist. Wesentlich für die Beitragsfreiheit derartiger Vergütungen ist, dass sie aus Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses gewährt werden, also die Beendigung des Dienstverhältnisses das anspruchsauslösende Moment ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, 85/08/0201). Für eine Abgangsentschädigung ist charakteristisch, dass sie dafür gewährt wird, dass ein Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis ausscheidet oder von einer weiteren Prozessführung betreffend Fortbestehens des Dienstverhältnisses Abstand nimmt. Davon kann aber hier keine Rede sein. Die Parteien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens haben vielmehr die strittigen Ansprüche durch Vereinbarung eines als "Abgangsentschädigung" bezeichneten Pauschalbetrages verglichen.

Kommentare (0)