Judikat BFG: Erschwerniszulage für Schreibkräfte im Spitalsbereich

Zum Sachverhalt:
Vom Dienstgeber wird eine steuerfreie Erschwerniszulage an Dienstnehmer bezahlt, welche in der Ambulanz des Krankenhauses an einem Anmeldeschalter die Erstaufnahme der Patienten durchführen. Weiters wird eine steuerfreie Erschwerniszulage an Schreibkräfte bezahlt, welche bei der Erstuntersuchung im Behandlungssaal den Befund des untersuchenden Arztes zeitgleich im PC erfassen.

Die Aussagen des BFG:
Im gegenständlichen Fall ist die Frage zu beantworten, ob die von den Schreibkräften im Erstuntersuchungsbereich zu erledigenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgten, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen.

Der Vergleich der von den betroffenen Arbeitnehmern zu erledigenden Arbeiten ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen für angestellte Schreibkräfte im Bürodienst, wie er im Rahmen von gewerblichen Betrieben, Anstalten, öffentlichen Dienststellen oder Kanzleien freiberuflich Tätiger zu leisten ist vgl. z.B. VwGH 6.3.1984, 83/14/0095, und VwGH 4.6.1985, 85/14/0041).

In vergleichbaren Fällen ist der Gerichtshof zur Auffassung gelangt, dass „Zeitdruck durch unverhältnismäßigen Arbeitsanfall, Verwendung übermäßig vieler Fremdworte im Text, Übermaß an Verantwortung in Richtung auf Genauigkeit der Arbeit wegen möglicherweise bis zu letalen Folgen“ eine außerordentliche Erschwernis gegenüber den allgemein üblichen Bedingungen darstellen kann (vgl. abermals VwGH 6.3.1984, 83/14/0095, und VwGH 4.6.1985, 85/14/0041).

Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Steuerbegünstigung ist, dass die zu leistenden Arbeiten überwiegend unter den die Annahme einer außerordentlichen Erschwernis rechtfertigenden Umständen erfolgten.

Im Falle der auch vom Prüfer in seinem Bericht zitierten Entscheidung VwGH 4.6.1985, 85/14/0041, hat der Gerichtshof, und dies übersieht das Finanzamt, die Steuerbegünstigung NUR deshalb nicht zuerkannt, weil im damaligen Fall bei lediglich rd. drei täglichen Aufnahmen keine Rede davon sein konnte, „dass die Schreibkräfte überwiegend unter Umständen zu arbeiten gehabt hätten, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellten.“

Im nunmehr vorliegenden Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin anhand der im Erstuntersuchungsbereich zu betreuenden Patienten um die 170 Fälle pro Arbeitstag errechnet, und ausdrücklich darauf hin gewiesen, dass die von den Schreibkräften im Erstuntersuchungsbereich zu erledigenden Arbeiten überwiegend unter erschwerten Umständen erfolgten.

Weder der Prüfer noch das Finanzamt sind diesen Ausführungen entgegen getreten, sodass das Verwaltungsgericht von der Richtigkeit dieser Aussage ausgehen muss. Im Gegensatz zu dem dem zitierten Erkenntnis des VwGH zu Grunde liegenden Sachverhalt von lediglich drei täglichen Aufnahmen muss beim gegenständlichen Vorliegen von rd. 170 Fällen pro Arbeitstag von einem deutlichen Überwiegen jener Arbeiten ausgegangen werden, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellten.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich somit im Ergebnis als rechtswidrig, weshalb der dagegen gerichteten Beschwerde, wie im Spruch geschehen, Folge zu geben war, und die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.

Praxistipps:
Die in einem Spital von den Schreibkräften im Erstuntersuchungsbereich zu erledigenden Arbeiten erfolgen bei rund 170 Patienten pro Arbeitstag überwiegend unter Umständen, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Somit steht ihnen laut BFG eine Erschwerniszulage zu.

Gegen das Erkenntnis wurde vom BMF Amtsrevision mit folgender Begründung eingebracht: „Gegen das Erkenntnis wurde Amtsrevision erhoben, denn nach der Judikatur iZm Erschwerniszulagen von Schreibkräften gehören ein gewisser Zeitdruck und die Verantwortung für schwere Folgen von Ungenauigkeiten weithin zu den Arbeitsbedingungen von Schreibkräften. Im Übrigen wurde vom BFG nicht auf die zwei unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche, das zeitliche Ausmaß der Tätigkeiten sowie die Prüfung des Überwiegens eingegangen.

(§ 68 Abs. 1 EStG – BFG RV/2100684/2011, 21.03.2016)

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